Französische Literatur

Flaubert hatte in seinem Arbeitzimmer ein Blick auf die Seine. Im Sommer schwamm er gerne im Fluss, um seine Haut und seine Ideen zu erfrischen.

Die bourgeois

Das XIXᵉ Jahrhundert ist auf allen Ebenen  die Zeit einer gigantischen Regsamkeit. Menschen sind aktiv, sie publizieren, sie rationalisieren, sie bauen, sie mechanisieren, sie tauschen Werte und Ideen aus. In jedem Bereich versucht man Fortschritte zu machen. Die Helden dieser Betriebsamkeit sind die Bourgeois, die führende Klasse, die treibende Kraftder Gesellschaft. Für Flaubert ist der Bourgeois jedoch der Feind. Vernünftig, mittelmäßig, selbstgefällig, in seine „Geschäfte“ vertieft, stoßt ihn der Bourgeois zutiefst ab.

Um sich zu rächen, bevölkert er seine Romane mit Figuren, die seine Verachtung für die Bourgeoisie verkörpern, wie der Apotheker Homais in Madame Bovary oder der Unternehmer Arnoux in L’Éducation sentimentale.

Literatur

Flaubert war ein gelehrter Schriftsteller, der viel las und recherchierte (für Bouvard und Pécuchet, sein letztes Werk, hatte er mehr als 1500 Bücher exzerpiert !)

Egal, um welches Thema es sich handelt, was für ihn zählt, ist das Leben und der Charme (im Sinne von magischem Charme), der durch die Kraft des Stils von dem Werk ausgeht. So wird Flaubert daran arbeiten, dem Roman eine Prosa zu geben, die den Leser „bezaubert“, in der Art eines Gedichts oder eines Liedes. Er nimmt die Sprache des Romans neu auf und bringt viele Neuerungen in den Erzählprozessen hervor: Relativität verschiedenerer individueller Standpunkte, Unpersönlichkeit des Autors, Verweigerung eines Schlusses.

Ich könnte schreien !

„Ich bin heute Abend so niedergeschlagen, dass ich meine Feder nicht halten kann. Das ist das Ergebnis der Langeweile, die der Anblick eines Bourgeois in mir verursacht hat. Der Bourgois wird mir körperlich unerträglich. Ich könnte schreien!  „

 

An Ernest Feydeau, 25. Januar 1861

 

Flaubert hat seine Erinnerungen an seine Reisen in den Osten in Madame Bovary verarbeitet. In seinen Reisenotizen schreibt er: „[Kuchiuk-Hanem, eine berühmte Kurtisane] roch frisch, etwas wie der Geruch von süßem Terpentin“. In Madame Bovary, als Emma zum Apotheker geht, fragt ein Kunde nach Zuckersäure und Terpentin…

die Dummheit

Was Flaubert vielleicht am meisten faszinierte ist die Unermesslichkeit, die Universalität, ja die Bodenlosigkeit der Dummheit; er selbst gab nicht vor, sich ihrer entziehen zu können. Die meisten seiner Romanfiguren sprechen nur in Klischees, so auch der „Held“ in L’Education Sentimentale. Manchmal hingegen drücken Figuren, die die Dummheit zu verkörpern scheinen, Flauberts eigene Ideen aus. Die Vorstellung, die Flaubert vom Reich der Dummheit hat, ist, dass wir immer ein wenig darin gefangen sind, nicht recht wissend, ob wir es sind, die sprechen oder vorgefasste Ideen, die durch uns sprechen. Das Reich der Dummheit hat keine Grenzen und  Begrenzungen, und das macht es so gefährlich: Wir wissen nicht, wo es beginnt und wo es endet.

der Orient

Wie viele seiner Zeitgenossen war auch Flaubert vom Orient fasziniert. In erster Linie sah er in den Orientalen einen Gegenpol zu den Bourgeois, seinen Landsleuten. Er sah sie als Träumer, losgelöst vom Fortschrittswahn und im im Bereich der Kunst dem „guten Geschmack“ gegenüber indifferent.

Flaubert drohte in der moralischen Ordnung seiner Zeit zu ersticken und so wechselte er in seinem Werk zwischen Romanen, die  das zeitgenössische Frankreich zum Thema hatten und Erzählungen über einen antiken Orient, in denener seinem Lyrismus freien Lauf ließ (Die Versuchung des Heiligen Antonius, Salambo, Herodias).

Aufgeilen !

« Leben ! Leben ! Aufgeilen ! Es ist alles da ! Darum liebe ich die Lyrik so sehr »

 

An Louise Colet, 15. Juli 1853

Die Gelassenheit der Narren

« Haben Sie manchmal, lieber alter Kamerad, über die Gelassenheit der Narren nachgedacht? Die Dummheit ist etwas Unerschütterliches; nichts vermag sie anzugreifen, ohne an ihr zu zerbrechen.

Sie ist von der Natur des Granits, hart und widerstandsfähig. In Alexandria schrieb ein gewisser Thompson aus Sunderland seinen Namen in sechs Fuß hohen Buchstaben auf die Säule des Pompeius.

Dies kann aus einer Viertel Leuge Entfernung gelesen werden. Es gibt keine Möglichkeit, die Säule zu sehen, ohne Thompsons Namen zu sehen, und daher ohne an Thompson zu denken. Dieser Trottel hat sich in das Denkmal eingeschrieben und verewigt sich mit ihm. »

 

An seinem Onkel Brice Parain, 6. oktober 1850