Französische Literatur

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1 Oktober 2020

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Frankreich beginnt das 20. Jahrhundert mit einem Paukenschlag: selbstbewusst und im Vertrauen auf seine Kolonien, seine Aufklärung und seine Tugenden. Dann bricht der Erste Weltkrieg aus. Bis heute ist nicht klar, wer die Verantwortung dafür trägt. Was wir aber kennen, ist das Ausmaß der Katastrophe, das man sich heute nur schwer vorstellen kann: in fünf Jahren zählt Frankreich 1,45 Millionen Tote und 1,9 Millionen Verwundete, also 30% der aktiven männlichen Bevölkerung.

Dieser Konflikt markiert eine Zäsur in der Geschichte unseres Landes und in der Geschichte Europas. Der technische Fortschritt, auf den Europa so stolz war, hat sich gegen es gewendet. Eine ganze Generation wurde in einem unkontrollierbaren kollektiven Wahnsinn auf die Schlachtbank geschickt. Am Ende des Krieges war Frankreich ein wenig orientierungslos. Der Fortschritt ging weiter (überall wurde Strom installiert), aber in den Früchten war der Wurm drin.

Die 1920er Jahre sind die Années folles eines wirtschaftlich und kulturell erschütterten Frankreichs. Während in Italien und Deutschland der Faschismus siegt, zauderte Frankreich, wo sich Rechtsradikale und Linke gegenüberstehen. Die Lust an Zerstörung und Revolution erfasst die französische Literatur mit dem Dadaismus und dem Surrealismus. Im Jahr 1940 kommt der Schlag ins Gesicht: Frankreich wird innerhalb von vier Wochen von den deutschen Truppen okkupiert. Der Staat wird zum Kollaborateur. Die Juden Frankreichs werden gejagt, verfolgt und in den Osten in Vernichtungslager geschickt.

Merkwürdigerweise erholen sich Frankreich und Europa ganz allgemein nach dem Krieg wirtschaftlich viel schneller als in den Années folles: Diese Zeit nennt man Les trente glorieuses (1946-1975). Das Kräfteverhältnis hat sich aber auf internationaler Ebene verändert. Europa verliert seine Führungsposition. Nach 1945 richtet sich die Welt nach den Vereinigten Staaten von Amerika oder der UdSSR.  Der Gaullismus versucht, seinen Einfluss auszubauen, aber die Würfel sind gefallen: Frankreich ist von nun an eine Macht der Vergangenheit, deren Einfluss eher von seiner Geschichte als von seiner Gegenwart herrührt.

Die Landflucht geht weiter. Im Jahr 1900 arbeitet fast jeder zweite Franzose auf den Feldern. Am Ende des Jahrhunderts sind es nur noch 3 %: Das hat einen großen wirtschaftlichen und kulturellen Wandel zur Folge.

Man stattet sich aus. Kinder sterben nicht mehr im Säuglingsalter, in der Kantine wird kein Rotwein mehr ausgeschenkt und die Menschen werden alt.

Verschiedene Mittel helfen dabei, schneller zu kommunizieren und sich fortzubewegen: das Auto, das Flugzeug, das Telefon, bald auch das Internet.

Nachdem sie das Wahlrecht erlangt haben, beginnen Frauen sich Gehör zu verschaffen und fordern mehr Rechte und Rücksichtnahme sowie das Ende des Patriarchats. Die Kernfamilie wird aufgelöst: Eltern sind freier, sie lassen sich häufiger scheiden, junge Leute gehen weg, um anderswo zu arbeiten, und alte Menschen werden in Altersheimen eingepfercht, wo sie auf ihr Ende warten, nutzlos wie alte Holzschuhe, in einer wirtschaftlichen und kulturellen Welt, die jetzt auf Jugend und Innovation setzt.

Die französische Sprache im 20. Jahrhundert

Wie bereits im vorherigen Jahrhundert entwickelt sich der technische, wissenschaftliche und künstlerische Fachwortschatz stark weiter.

Zahlreiche Wörter werden in die Alltagssprache eingeführt, wobei im Wesentlichen drei Methoden der Wortschöpfung angewandt werden: die Aneinanderreihung zweier Substantive (tarte-maison, lampe-torche, surprise-partie, couscous-merguez, voiture-balai…), das Hinzufügen eines Suffixes (-iste, -age, -eur, -iser usw.) und die Kurzwortbildung (ciné für cinématographe, apéro für apéritif, vélo für vélocipède, auto für automobile).

Hinzu kommen zahlreiche Anglizismen (cool, black, off, out, in, loser, etc.), wobei die entlehnten englischen Wörter ursprünglich oft aus dem Französischen stammen (suspense, challenge, customiser, etc.).

Das Pronomen nous neigt dazu, in der Sprache zu verschwinden, ebenso wie die Zeitform des Passé simple, die auch in der Schrift immer weniger verwendet wird. Die Kluft zwischen der gesprochenen und der geschriebenen Sprache wird immer größer.